Stapediusreflexmessung
Die Stapediusreflexmessung ist ein Verfahren zur objektiven Funktionsdiagnostik des Schallleitungsapparates.
Es ist gemeinsam mit der Tympanometrie (Prüfung der Beweglichkeit des Trommelfells) ein Teil der Impedanzänderungsmessung.
Durch die Impedanz (akustischer Widerstand) des Trommelfells und Mittelohres wird ein Teil der von außen zugeführten Schallenergie nicht an das Innenohr weitergeleitet, sondern am Trommelfell reflektiert.
Bei dem Messverfahren werden Impedanzänderungen erfasst, die unter anderem durch den Stapediusreflex bewirkt werden.
Indikationen (Anwendungsgebiete)
Viele Erkrankungen des Mittel- und Innenohres sowie des Reflexbogens führen zu abweichenden Impedanzwerten und werden dadurch mit Hilfe der Messung diagnostisch erfasst.
Als Methode der Hörprüfung:
- Objektive Hörprüfungsmethode: Anzuwenden bei Kindern und nichtkooperativen Patienten. Bei hochgradier Schwerhörigkeit des beschallten Ohres bleibt der Reflex aus, da die Reflexschwelle nicht erreicht wird.
- Neugeborenenscreening
- Anpassung von Hörgeräten im Kindesalter
Bei Frage nach Schallleitungsstörungen (Funktionsstörungen des Mittelohres):
- Fixation der Gehörknöchelchenkette bei:
- Stapesankylose (Fixation des Steigbügels)
- Otosklerose (Verknöcherung der Gehörknöchelchen)
- Paukensklerose (entzündlich bedingte Veränderung der Mittelohrschleimhaut) ist kein Stapediusreflex nachweisbar.
- Unterbrechungen der Gehörknöchelchenkette bei:
- Ambossluxation (Entkopplung) z. B. nach Felsenbeinbruch ist kein Stapediusreflex nachweisbar.
Bei Frage nach Schallempfindungsstörungen:
- V.a. METZ-Recruitment
- V.a. retrocochleäre Schwerhörigkeit
- V.a. Hörermüdung
Neurologische Fragestellungen (Nervenheilkunde betreffend):
- Facialisparese (Lähmung des Gesichtsnerven)
- Zentrale Läsionen (Schädigungen)
Das Verfahren
Der Stapediusreflex führt durch die Versteifung der Gehörknöchelchenkette zu einer Bewegung des Trommelfells. Diese Bewegung kann als Volumenänderung im äußeren Gehörgang durch eine Messsonde registriert werden.
Untersuchungstechnik
Die Impedanzänderungsmessung erfolgt ohne direkten Trommelfellkontakt und wird daher von den meisten Patienten weder als schmerzhaft noch als unangenehm empfunden. Bei Kindern kann die Messung auch während des Schlafs durchgeführt werden.
Der Gehörgang wird absolut luftdicht mit einem Stöpsel verschlossen, der außerdem einen kleinen Lautsprecher, ein Mikrofon und einen Schlauch für die Luftzufuhr/Druckeinstellung enthält.
Da der Stapediusreflex nur eine sehr kleine Impedanzänderung des Trommelfells bewirkt, ist es notwendig die Messung in einem möglichst optimalen Schwingungsbereich des Trommelfells durchzuführen.
Daher wird in den meisten Fällen vorher eine Tympanometrie durchgeführt, um den Punkt der maximalen Trommelfellbeweglichkeit zu bestimmen. Dieses ist ein konkreter Wert des Luftdrucks im äußeren Gehörgang, der für die anschließende Stapediusreflexmessung voreingestellt wird.
Über den Lautsprecher werden Schallstimuli verschiedener Frequenzen in das Ohr geleitet. Bei ausreichender Lautstärke kann die Reflexantwort mit einer Latenzzeit von ca. 10 ms gemessen werden.
Des Weiteren ist zu beachten, dass der Stapediusreflex konsensuell ist, d. h. er kann stets bei beiden Ohren registriert werden, auch wenn nur ein Ohr stimuliert wird. Der Bequemlichkeit halber wird meist ein Ohr mit Hilfe eines Kopfhörers beschallt und der Stapediusreflex auf dem kontralateralen Ohr (Gegenohr) gemessen.
Bei einigen zentralen Schädigungen ist es jedoch unumgänglich den ipsilateralen (gleichseitigen) Reflex zu messen, so dass Reizung und Ableitung am selben Ohr erfolgen.
Bei der Auswertung wird auf das beidseitige Vorhandensein des Stapediusreflexes bzw. auf die Höhe der Stapediusreflexschwelle geachtet. Dieses ist die minimal erforderliche Lautstärke, um den Reflex auszulösen und sollte bei einem Normalbefund 70–100 dB betragen.
Die Ergebnisse werden in der Regel als Impedanz oder Compliance (hier: Nachgiebigkeit des Trommelfells) graphisch dargestellt.
Ihr Nutzen
Die Stapediusreflexmessung ermöglicht die frühzeitige Erkennung viele Erkrankungen des Mittel- und Innenohres sowie des Reflexbogens, so dass eine gezielte Therapie rechtzeitig durchgeführt werden kann.